In diesem Zusammenhang wurden folgende Fragestellungen bearbeitet:
- Lassen sich störungsspezifische Funktionsdefizite des Arbeitsgedächtnisses identifizieren?
- Verändern sich die Funktionsdefizite des Arbeitsgedächtnisses bei Kindern mit diagnostizierten Lernstörungen zwischen acht und zwölf Jahren?
- Lassen sich Unterschiede in der Arbeitsgedächtnisentwicklung zwischen Kindern feststellen, die ihre Lernstörungen erfolgreich überwinden, und solchen, denen dies nicht gelingt?
Die genauere Kenntnis der störungsspezifischen Beeinträchtigungen und ihrer Entwicklungsverläufe ermöglicht eine sehr viel frühere Identifikation von Kindern, bevor die definitorischen Kriterien der Lernstörung voll entwickelt sind, und ermöglicht somit einen frühzeitigen Einsatz von Fördermaßnahmen.
An den drei Projektstandorten Frankfurt, Hildesheim und Oldenburg fanden im Sommer 2011 diagnostische Voruntersuchungen des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens sowie eine Überprüfung der allgemeinen Lernfähigkeit (Intelligenz) bei mehr als 2000 Kindern am Ende der zweiten Klassenstufe statt. Basierend auf diesem Screening wurden 465 Kinder für die Längsschnittstudie ausgewählt. Darunter sind Kinder ohne Lernschwierigkeiten (Vergleichsgruppe) sowie solche mit unterschiedlichen Lernstörungen und Lernschwächen. Bei Kindern mit Lernstörungen ist die schulische Minderleistung im Störungsbereich erwartungswidrig angesichts einer sehr viel besser ausgeprägten Intelligenz. Alle Kinder wurden seit der dritten Klasse in halbjährlichen Abständen untersucht. Erfasst wurden Schulleistungen, Arbeitsgedächtnisfunktionen und weitere spezifische Prädiktoren von Schulleistungen (u. a. phonologische Bewusstheit und mathematische Basiskompetenzen).
Die Voruntersuchungen belegten, dass im mittleren Grundschulalter ein Drittel (32,8 Prozent) aller Kinder auffällige Minderleistungen in mindestens einem der Leistungsbereiche Lesen, Schreiben und Rechnen aufwiesen. Bei gut 23 Prozent der Kinder traten diese trotz eines Intelligenzquotienten im Normalbereich auf. Wiederum mehr als die Hälfte (13,3 Prozent) dieser Kinder erfüllten die ICD-10-Kriterien für eine Lernstörungsdiagnose. Die Prävalenzraten für die einzelnen isoliert und multipel auftretenden Lernstörungen im Lesen und Rechtschreiben und Rechnen lagen zwischen 2 und 4 Prozent. Dabei kam die im ICD-10 nicht gesondert klassifizierte isolierte Lesestörung mit 2,6 Prozent sogar etwas häufiger vor als eine kombinierte Lese- und Rechtschreibstörung (2,1 Prozent). Auch zu der Debatte, ob das erwähnte Intelligenzdiskrepanzkriterium des ICD- 10 nicht aufzugeben sei, tragen die ersten Ergebnisse bei. So zeigten sich bislang keine Unterschiede im Arbeitsgedächtnis zwischen Kindern, die das Intelligenzdiskrepanzkriterium erfüllen oder nicht erfüllen. Ein großer Erfolg war es, dass viele Eltern betroffener Kinder motiviert werden konnten, sich auf die Längsschnittuntersuchung RABE einzulassen. Geplant war die wiederholte Untersuchung dieser Gruppe für weitere drei Jahre, um die Chance zu nutzen, noch viel mehr über die Entwicklung des Arbeitsgedächtnisses bei Kindern mit Lernstörungen zu erfahren. Insbesondere sollte dabei gezielt geprüft werden, ob sich diagnostisch und förderrelevante Unterschiede finden lassen zwischen solchen Kindern, die ihre Lernstörung zwischen acht und zwölf Jahren überwinden, und solchen, bei denen die Lernschwierigkeiten manifest bestehen bleiben.
Weitere Informationen unter:
http://www.dipf.de/de/forschung/abteilungen/bildung-und-entwicklung
http://www.uni-hildesheim.de/fb1/institute/psychologie/
http://www.uni-oldenburg.de/paedagogik/