Segregation in Kitas

Warum Kinder aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen oft nicht die gleiche Kita besuchen

Warum Kinder aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen oft nicht die gleiche Kita besuchen

BMBF | Illustration by macrovector on Freepik

Kitas in Deutschland sind weniger bunt und vielfältig, als man es erwarten würde:  •	In manchen Kitas haben fast alle Eltern einen akademischen Abschluss und kein einziges Kind hat eine Migrationsgeschichte. •	In anderen Kitas sind die Eltern besonders oft von Armut betroffen oder sprechen Zuhause kein Deutsch.  ➔ Wenn sich Bevölkerungsgruppen derart entmischen, spricht man von ethnischer oder sozialer Segregation.   Wie lässt sich diese Segregation erklären?

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 Faktor Wohnortnähe? Teilweise!  In Städten lässt sich die Segregation teilweise – aber nicht vollständig – dadurch erklären, dass die Kinder aus einem Stadtteil oft aus ähnlichen Elternhäusern stammen – und dann aufgrund der Wohnortnähe in die gleiche Kita gehen.

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Faktor Träger? Nicht unbedingt…  •	Auch der Blick auf die Träger lüftet das Geheimnis nicht vollends: Mit Ausnahme von Elterninitiativen gibt es in Deutschland keine Träger, deren Kitas immer besonders viele oder wenige Kinder bestimmter Bevölkerungsgruppen aufnehmen.

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Faktor Kitaplatzvergabe? Ja!  Hier wird es interessant: Die Platzvergabe ist in Deutschland wenig systematisiert und folgt keinen verbindlichen Auswahlkriterien. In der Regel entscheiden Kitaleitungen auf Grundlage ganz unterschiedlicher Kriterien: Zum Beispiel nach Alter und Geschlecht der Kinder oder Ressourcen im Team der pädagogischen Fachkräfte. Und haben dabei übergeordnete gesellschaftliche Ziele – wie mehr Vielfalt in Einrichtungen – oft nicht im Blick. Die Träger und das Jugendamt steuern bei den Vergabeprozessen wenig oder kaum.

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Wie kann man sozialer und ethnischer Segregation in der Kita entgegenwirken?   •	Um bei Platzvergaben Teilhabe- und Vielfaltsgrundsätze stärker zu berücksichtigen und mehr Durchmischung zu ermöglichen, müssen Kitaleitungen, Träger und örtliche Jugendämter bei Platzvergaben intensiver zusammenarbeiten.   •	Kitaträger sollten sich stärker als bisher damit beschäftigen, wie ihre Kitaleitungen Plätze vergeben – und Vielfalt in ihren Einrichtungen als Ziel betrachten. •	Das Thema Vielfalt in der Kita sollte außerdem auch in der Kommunalpolitik sowie auf Landes- und Bundesebene diskutiert werden, um die unterschiedlichen Steuerungsmechanismen in den Blick zu nehmen, die sich darauf auswirken, wie Kitagruppen sich zusammensetzen.

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Im BMBF-geförderten Projekt „Segregation und Trägerschaft“ hat ein Forschungsteam um Prof. Johanna Mierendorff und Prof. Nina Hogrebe mit Daten nationaler Bildungsstudien (NEPS, K2ID:SOEP) sowie Interviews untersucht, wie sich Kinder mit unterschiedlichen Hintergrundmerkmalen – zum Beispiel Migrationsgeschichte und sozioökonomischer Status – auf Kitas verteilen. Darüber hinaus sind die Forschenden der Frage nachgegangen, wie in Deutschland Kitaplätze vergeben werden und ob es hier regionale Unterschiede gibt.

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenprogramm empirische Bildungsforschung gefördert.

Mehr Informationen über das Projekt finden Sie hier im Themenfinder

Publikationen, die aus dem BMBF-Projekt entstanden sind

  • Hogrebe, N./Mierendorff, J. (im Druck): Das Denken der Anderen – Reflexionen über Möglichkeiten und Herausforderungen von Mixed-Method-Studien am Beispiel eines Projektes zu Segregation in der Kindertagesbetreuung. In L.  Burghardt, J. Durand, S. Peters, R. Schelle & K. Wolstein (Hrsg.), Forschen in der Pädagogik der frühen Kindheit: Eine kritische Reflexion methodischer Ansätze. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Hogrebe, N./Mierendorff, J./Nebe, G./Schulder, S. (im Druck): Kita-Träger – (k)eine segregationsrelevanten Einflussgröße?  In B. Kalicki, K. Blatter, S. Michl & R. Schelle (Hrsg.), Qualitätsentwicklung in der frühen Bildung. Akteure – Organisationen – Systeme. Weinheim: Beltz Juventa.
  • Hogrebe, N./Mierendorff, J. (2023): Vielfalt zusammen möglich machen. In: Beste Bildung von Anfang an. Qualitätsentwicklung für gute Bildung in der frühen Kindheit – Ergebnisse aus der Forschung für die Praxis. S. 10-11. Bonn: BMBF.
  • Nebe, G. (2022): Schnell, einfach, online. Kinderbetreuungssuche(nde) unter Ökonomisierungsdruck(?) - Zum Phänomen ‚Kitaportal.‘ In: Höhne, T./ Mierendorff, J. (Hrsg.): Der Elementarbereich im Wandel. Prozesse der Ökonomisierung des Frühpädagogischen. Beltz Juventa: Weinheim/Basel. S. 147-162.
  • Mierendorff, J., Nebe, G./Linde, M.-C. (2022): Von der notlagenorientierten Bedarfslogik zum subjektiven Recht: Eine Annäherung an die Entstehung kriteriengeleiteter Kitaplatzvergabe. SET_OHA Diskussionspapier #1 (2022): download.php (uni-halle.de)
  • Mierendorff, J./Nebe, G./Linde, M.-C. (2022): Akteure im Kitaplatzvergabeprozess. SET_OHA Diskussionspapier #3 (2022): Das Projekt "Elementare Bildung und Distinktion" (uni-halle.de)
  • Hogrebe, N./ Mierendorff, J./ Nebe, G./ Schulder/ S. (2021): Platzvergabeprozesse in Kindertageseinrichtungen: Aufnahmekriterien aus Sicht pädagogischer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Trägerorganisationen. In: Soziale Ungleichheit im Sozial- und Bildungswesen, Beltz Juventa: Weinheim/Basel, S. 90-113.
  • Zeitschriftenartikel
    Hogrebe, N./Mierendorff, J. (i.E.): Kitaplatzvergabe und Kita-Zusammensetzung - eine Frage der Trägerschaft? kita aktuell, H. Juli/August.
  • Nebe, G. (2022). Allowing for segregation in ECEC? Legal conditions, administrative structures and enrolment practice in Germany. Journal of Childhood, Education & Society, 3(2), 177–199. https://doi.org/10.37291/2717638X.202232203
  • Mierendorff, J./ Nebe, G. (2022): Kitaplatzvergabe ist segregationsrelevant - Örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe in der Verantwortung. In: Jugendhilfereport H. 2, S. 10-12.
  • Hogrebe, N./ Mierendorff, J./ Nebe, G. (2021): Soziale Ungleichheit in der Kindertagesbetreuung. In: Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 1-2021, S. 3-6.
  • Nebe, G. (2021): Kitaplatzvergabe – Problemaufriss unter Berücksichtigung der Segregationsforschung. In:  Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 1-2021, S. 75-94.

Weitere Quellen

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